Herr Dr. Dietrich, dass ein Mannschaftsarzt eine Fußballmannschaft betreut, gehört in den höheren Klassen heutzutage zum Standard. Für den FCE ist die Funktion des „Mannschaftszahnarztes“ neu. Warum ist für unsere Domreiter ein Team-Zahnarzt genauso wichtig wie ein Arzt?
Im Grund genommen sind wir Zahnärzte ganz normale Ärzte, nur eben auf das Fachgebiet der Zahnmedizin fokussiert. Hierzu gehören neben den Zähnen auch die Mundhöhle mit allen Weichgeweben, der Zahnhalteapparat, die Kiefer einschließlich der Kiefergelenke, aber auch die Kieferhöhlen oder die Speicheldrüsen. Sehr viele Erkrankungen oder Verletzungen in diesem Bereich haben große Auswirkungen auf den gesamten Körper. Jeder wird schon einmal unter Schmerzen im Zahn-Kiefer-Bereich gelitten haben und weiß: Das kann die Hölle sein! Unentdeckte Entzündungen, z.B. einer Zahnwurzel, können massive Auswirkungen auf die Performance der Spieler und des Betreuerstabs haben. Es gibt gut dokumentierte Fälle von Spitzensportlern, bei denen eine solche Entzündung sogar zum Tod – etwa durch eine hierdurch bedingte Entzündung des Herzmuskels – geführt hat. Wie bereits gesagt: In der Bundesliga oder bei der Nationalmannschaft gibt es schon seit vielen Jahren die Funktion eines oder mehrerer Mannschaftszahnärzte, weil man sehr früh erkannt hat, wie wichtig sie für den Erfolg eines Teams im Leistungssport ist. Nicht zuletzt wird dem hohen Verletzungsrisiko im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich hierdurch Rechnung getragen. Statistiken zeigen, dass in jedem zweiten Spiel ein Zahnarzt oder ein Oralchirurg gebraucht wird.

 

Welchem unserer Spieler haben Sie denn schon sprichwörtlich „auf den Zahn“ gefühlt?
Die Mannschaft einschließlich des Betreuerteams genießen in meiner Behandlung einen sehr hohen Vertrauensstatus, der durch die ärztliche Schweigepflicht gedeckt ist. Nur so kann ich einen besonderen Draht zu den Spielern aufbauen und ihnen dadurch helfen. Die Spieler geben mir das dann auf dem Platz durch Leistung zurück. Es ist unbezahlbar, wenn man sieht, dass ein Spieler, den man wenige Tage vorher noch operativ behandelt hat, am Samstag wieder auf dem Platz steht und eine tolle Leistung abliefert. Dann weißt du: Alles richtig gemacht!

 

Wie ist der allgemeine Zahnstatus der Domreiter?
Ich habe natürlich noch nicht alle Spieler gesehen, aber der eigentliche Zahnstatus spielt nur eine untergeordnete Rolle. In meiner Arbeit mit den Spielern besonders als Oralchirurg geht es mehr um Verletzungs- und Performancethemen. Da werden Blutwerte und genetische Entzündungsfaktoren analysiert, muskuläre Verspannungen in Zusammenarbeit mit den Physiotherapeuten behandelt und insbesondere traumabedingte Verletzungen versorgt.

 

Unter uns: Gibt es Spieler, die etwas besser ihre Zähne putzen könnten?

Schauen Sie sich das Strahlen eines Björn Schönwiesner bei einer geilen Vorlage, den knackigen Biss unseres Kapitäns Christopher Kettler nach einem durchgebissenen Fight oder den Jubel eines Luca Leistner genau an, dann haben Sie die Antwort! Blütenweiß! (lacht)

 

Ihren ersten Einsatz hatten Sie ja nach dem Pokalspiel gegen Don Bosco, wobei dabei gar nicht so sehr Ihr dentales Wissen gefragt war. Unser Stürmer Björn Schönwiesner hatte einen Cut im Gesicht erlitten, den Sie fachmännisch in Ihrer Praxis versorgt haben. Gilt künftig die Devise: Der Kopfbereich der Spieler gehört Ihnen? Wie gesagt: Ich bin hauptsächlich als Oralchirurg tätig. Die Versorgung von Unfällen im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich zählt zu meinem täglichen Brot. Zudem haben wir in meiner Tagesklinik am Schönleinsplatz einen eigenen Computertomografen, mit dem vor allem knöcherne Verletzungen sehr schnell und zuverlässig diagnostiziert werden können. Dafür stehe ich für die Spieler dann zu jeder Tages- und Nachtzeit auf. Im Krankenhaus dauern solche Untersuchungen viel länger. Um die Frage zu beantworten: Für Verletzungen und Schmerzen bin ich hier wohl sehr gut ausgebildet. Wenn aber muskuläre, orthopädische oder neurologische Probleme dazukommen, muss man immer interdisziplinär arbeiten.

 

Wie sind Sie zum FC Eintracht Bamberg gekommen?
Ich kenne die Eintracht (damals noch „den FC“) aus meinen Kindertagen. Schon als kleiner Stöpsel saß ich auf einem der Bäume auf der Gegengeraden mit einer Bratwurst in der Hand, während mein Vater und mein Großvater das Spiel ansahen. So verbinde ich mit dem Verein wirklich absolute Kindheitserinnerungen, zumal ich hier (in der Ferdinand-Braun-Straße) meine ersten Jahre verbracht habe.

 

Und was fasziniert Sie an den Domreitern?
Ich denke, dass man bei den Domreitern fußballerisch extrem gut wachsen kann. Vielleicht sogar besser, als in den mir bekannten Fördermannschaften von „Greuther“ oder vom „Club“. Dort findet man meiner Erfahrung nach leider allzu oft „kleine Ronaldos“. Diese Hoffnungen können nur enttäuscht werden, wenn sie nicht auf einem soliden gesamtmenschlichem Grundkonzept beruhen. Unser Vorstand Sascha Dorsch setzt – wohl auch durch seine Kenntnisse als Personalvorstand – zusammen mit dem sportlichen Leiter Stefan Mohr sehr viel auf die individuelle menschliche Entwicklung der Spieler. Auch unseren Trainer Jan Gernlein und sein Team empfinde ich hier als absolute Vorbilder und väterliche Förderer und Lehrer. Das gilt wirklich für das gesamte Betreuerteam! Was für ein Herzblut und Engagement von diesen Menschen Davor kann man nur den Hut ziehen! Dass dieses Konzept aufgeht, zeigen nicht zuletzt die Karrieren von Philipp Hack und Fabio Reck. Beide sportlich extrem gut, aber menschlich „sowas von auf dem Teppich“. Der Verein mag damit kein Geld verdienen, aber es gibt auch sowas wie eine soziale Verantwortung. Diese nimmt unsere Eintracht sehr vorbildlich wahr. Und das gefällt mir!

 

Sie sind nicht nur Mannschaftszahnarzt, sondern gehören auch zu den Sponsoren des Vereins. Wie kommt das?
Gute sportliche Leistungen sind heute leider nur noch mit Geld zu machen. Wenn ich mir anschaue, was Trainer und Spieler ohne die großen Gehälter, aber mit Leidenschaft und Disziplin auf den Platz stellen: Da muss man sich einfach engagieren! Ich wünschte, es würden noch viel mehr Sponsoren an Bord kommen. Da haben wir mit Matthias Bosch aber einen unglaublich guten Wurf gemacht. Er wird das Thema in der nächsten Zeit extrem professionalisieren. Da können wir alle sehr gespannt sein. Zuletzt: Ich liebe den Kampfgeist eines Luca Leistner oder unseres neuen Keepers. All das Aufopfern der Spieler und Trainer und aller im Verein, vom Vorstand bis zur Putzfrau, muss ja irgendwie honoriert werden. Das geht auch über Geld. Was auch immer das im Einzelfall dann heißen mag,

 

Sind Sie selbst sportlich aktiv – oder waren es früher?
Ich war früher auch Leistungssportler, besonders im Geräteturnen oder im Tennis. Davon ist – wenn Sie sich mein kleines Feinkostgewölbe heute ansehen – nicht mehr viel übrig. Ich mache aber trotzdem mehrfach die Woche Sport und gehe in die Muckibude oder auf den Golfplatz. Zudem habe ich vier Kinder, ein Enkelkind und eine wunderbare Frau. Sie alle brauchen und verdienen meine Aufmerksamkeit und Liebe. Neben meinem sehr intensiven Beruf bleibt da oft nicht mehr viel Zeit. 

 

Und zum Schluss noch ein Tipp: Wie geht das Spiel heute gegen Schwaben Augsburg aus?
Augsburg ist ein starker Gegner! Anders als in der letzten Saison bietet die Eintracht heuer Fußball auf einem ganz anderen Niveau und muss sich vor niemandem mehr verstecken. Ich denke, Jan Gernlein wird eine gute Aufstellung auf den Platz bringen. Ich muss zugeben: Ich bin wirklich ein Fan von ihm! Zahnschmerzen hat bisher keiner. Deswegen tippe ich auf einen soliden 3:1-Sieg für uns.